„Spare in der Zeit“ – Der Staat trägt nicht alle Risiken

Deutsche Handwerks Zeitung, 63. Jahrgang, Ausgabe 12, 24.06.2011, S. 4

Die Staatsausgaben sind in Deutschland seit 1970 in Relation zum Bruttoinlandsprodukt von 38% auf 56% im Jahr 2010 gestiegen. Dies bedingt auch einen entsprechenden Anstieg der Steuer- und Abgabenlast. Beides wird einerseits häufig kritisiert. Aber andererseits entspricht genau diese Entwicklung den Ansprüchen vieler gesellschaftlicher Kreise an unseren Staat. So ertönen beispielsweise regelmäßig Rufe nach staatlichen Hilfen, um wirtschaftliche Einbußen zu kompensieren. Beispiel 1: Während der Finanzkrise ist Opel in Bedrängnis geraten. Es wurde diskutiert, ob das Unternehmen mit staatlichen Finanzhilfen gestützt werden soll. Volkswirtschaftlich ließe sich das nur schwer rechtfertigen. Systemische Folgen wie bei den Banken lassen sich bei nicht-finanziellen Unternehmen wohl kaum ausmachen. Beispiel 2: Weil Gurken aufgrund der EHEC-Gefahr gemieden werden, fordern deren Produzenten einen Ausgleich ihrer Verluste durch die öffentliche Hand. Mit welcher Begründung? Es dürfte sich um ein zeitlich begrenztes Phänomen handeln, das ein ganz gewöhnliches unternehmerisches Risiko darstellt. In einer Marktwirtschaft – auch in der Sozialen Marktwirtschaft Deutschlands – ist es von zentraler Bedeutung, dass Nutzen und Schaden bzw. Chancen und Risiken in einer Hand liegen. Effiziente Entscheidungen über die Verwendung knapper Ressourcen kann man sonst nicht erwarten. Wenn unternehmerische Risiken auf den Staat abgewälzt werden, dann führt das insgesamt zu höheren Risiken und höheren Belastungen der Allgemeinheit.

Wie sieht es bei den privaten Haushalten aus? Die sozialen Sicherungssysteme helfen, individuelle Risiken zumindest finanziell abzufedern. Trotzdem wurden im Jahr 2010 über 100 000 Verbraucherinsolvenzverfahren in Deutschland eröffnet. In vielen Einzelfällen mag es verständliche Gründe dafür geben. Der steigende Trend deutet allerdings darauf hin, dass eine alte Weisheit immer weniger Beachtung findet: „Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not“. Im eigenen und im Interesse der Allgemeinheit sollten private Haushalte und Unternehmen diese Tugend wieder stärker befolgen.